Vor Kurzem erhielten wir die Möglichkeit ein kleines Interview mit Anja Lange und Marion Leuchtmann vom Vorstand der FE-Netz e.V. zu führen, in dem sie uns Fragen beantwortet haben, die wir von Patienten in unseren Kliniken, aber auch von noch unentschlossenen Frauen und Paaren, die sich zum ersten Mal mit dem Thema Eizellspende befassen, oft hören.
Die FE-Netz e.V. ist die deutsche Vereinigung von Familien nach Eizellspende, bestehend aus Familien, die sich mit Hilfe einer Eizell-/ Embryonenspende gegründet haben und den Kontakt und Austausch untereinander suchen. Es ist den Mitgliedern wichtig, offen und ehrlich mit dem Thema Eizell-/ Embryonenspende umzugehen, um somit auch den gesellschaftlichen Diskurs zu fördern.
In unserem heutigen Blogartikel finden Sie eine Auswahl an Fragen und Zweifel, die vor einer Kinderwunschbehandlung mit Eizellspende oft aufkommen und Antworten von Personen, die diesen Weg schon erfolgreich gegangen sind:
Wann sollte man über eine Eizellspende nachdenken?
Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten und muss zum einen aus medizinischer als auch psychologischer Sicht beleuchtet werden. Zunächst liegt einer solchen Entscheidung eine ungewollte Kinderlosigkeit zugrunde, die durch eigene Eizellen nicht zum Positiven gewendet werden kann. Darüber hinaus müssen sich Paare gemeinsam informieren und den Aufwand und Nutzen in Relation stellen, die das für die eigene Familienbildung bedeutet. Jede Familie muss diese Entscheidung individuell für sich treffen.
Wie gehe ich mit dem Schmerz um, kein biologisches Kind haben zu können?
Biologisch bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Frau nicht mit eigenen Eizellen schwanger werden kann, durch die Eizellspende aber durchaus eine biologische Mutterschaft erfährt. Auch das ist sicherlich sehr individuell.
Anja:
Bei mir persönlich hat die Tatsache nicht mit eigenen Eizellen schwanger werden zu können gar keinen großen Schmerz erzeugt, sondern der Gedanke keine Kinder haben zu können und dieses Lebensmodell letztendlich nicht leben zu können. In der Kinderwunschzeit habe ich viel Literatur dazu gelesen und mich mit anderen Betoffenen ausgetauscht, was sehr geholfen hat.
Wie und wann erzähle ich meiner Familie und meinen Freunden über meine Pläne eine Eizellspende durchzuführen? Und wie gehe ich mit negativen Reaktionen aus meinem Umfeld um?
Wir vom FE-Netz empfehlen mit der Aufklärung des Umfeldes mit Feststellung der Schwangerschaft direkt beim behandelnden Gynäkologen zu beginnen. Aufgrund der Eizellspende sollte die Wunschmutter und der Embryo engmaschig gynäkologisch betreut werden. Weiterhin raten wir zur Offenheit gegenüber dem behandelnden Kinderarzt und später den Tagesbetreuungseinrichtungen und Schulen. Gerne leisten wir für unsere Mitglieder Hilfestellung in Fragen der Auflärung. Auch ein Austausch mit anderen Familien, die mithilfe einer Eizellspende gegründet wurden, ist in unserem geschützten Chatbereich möglich.
Im privaten Umfeld berichten Eltern laut einer finnischen Studie bezüglich Eizellspende/Samenspende, dass diejenigen, die anderen von der Behandlung berichteten, zu 96 % positive oder neutrale Reaktionen erfuhren. Lediglich vier Prozent der Eltern erlebten negative Reaktionen von mindestens einer Person. Dies deckt sich mit unseren persönlichen Erfahrungen.
Grundsätzlich gibt es natürlich keine Verpflichtung darüber zu reden. Die Hauptsache ist, dass das entstandene Kind über seine Herkunft erfährt und damit auch seiner Umgebung davon erzählen kann. Es ist wichtig, dass man eine gefestigte Position einnimmt und sich durch negative Reaktionen nicht aus der Bahn werfen lässt und sich entsprechend die richtige Umgebung für seine Familie sucht, z. B. durch Unterstützung in Netzwerken und bei regionalen Elterntreffen mit Eizellspende-Familien.
Mein Partner ist von einer Eizellspende nicht überzeugt. Was kann ich tun?
Zunächst ist es wichtig herauszufinden, was genau die Beweggründe des Partners gegen eine Eizellspende sind. Welche Gefühle, Emotionen oder Erfahrungen verursachen eine negative Einstellung? Diese kann das Paar dann sukzessive durch Kontakte zu anderen Familien oder über Beratungen gemeinsam besprechen und alle Perspektiven einer Eizellspende beleuchten.
Wird mir das Kind wirklich ähnlich sehen?
Hier kann die Klinik besser antworten, da Spender nach Ähnlichkeit, bzw gewünschten ähnlichen Merkmalen ausgesucht werden. Welche Merkmale sich letztendlich durchsetzen kann ohnehin niemand vorhersagen. Rein genetisch ist das allenfalls Zufall, aber natürlich imitiert ein Kind auch Mimik und Gestik und wie groß der epigenetische Einfluss ist, ist derzeit noch nicht 100% erforscht.
Werde ich das Kind lieben können wie mein eigenes, auch wenn ich nicht seine genetische Mutter bin?
Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass die Mutter-Kind-Beziehung nach einer EZS anders oder gar gestört ist. Eher erleben die Frauen eine große Erleichterung, da ein oftmals langer Leidensweg vorausgegangen ist. Aber ebenso wie nach Schwangerschaften, die durch eigene Eizellen entstanden sind, kann es zu postnatalen Depressionen kommen.
Marion:
Ich habe zwar keinen Vergleich, wie die Liebe zu einem genetisch eigenen Kind ist, jedoch kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass meine Liebe zu meinen Töchtern anders sein soll als bei anderen Müttern. Bis auf die Tatsache, dass meine Kinder anders gezeugt wurden als die meisten anderen Kinder, besteht kein Unterschied: ich war schwanger, mein Kind ist in mir gereift und gewachsen, wir waren körperlich verbunden und sind vielleicht nicht genetisch verwandt, aber wir sind herzverwandt.
Anja:
Da ich kein „eigenes“ Kind habe, habe ich keinen Vergleich. Ich kann nur sagen, dass ich die Kinder von Herzen liebe und mir nicht vorstellen kann, dass es zwischen genetisch und nicht genetisch einen Unterschied gibt in der Liebe.
Offene Karten oder verheimlichen? Klären wir unser Kind, über die Eizellspende auf und wann ist der richtige Zeitpunkt dafür?
Als FE-Netz e.V. stehen wir für eine offene und ehrliche Beziehung und dazu gehört auch die Aufklärung, nicht zuletzt hat das Kind ein Recht auf Kenntnis seiner Abstammung.
Aktuelle Studien bspw aus England, aber auch aus anderen Ländern, in denen EZS legal ist, sind dahingehend übereinstimmend, dass es sowohl aus pädagogischer als auch psychologischer Sicht für das Kind am Besten ist, wenn es über seine Entstehungsgeschichte aufgeklärt wird.
Dies soll selbstverständlich alters-und kindgerecht geschehen und beginnt im Idealfall bereits mit der sogenannten „Wickeltischaufklärung“. Hier erzählen die Eltern in ihren Worten von dem besonderen Weg, den sie gegangen sind, um letztendlich ihr Wunschkind in den Armen halten zu können. Für das Baby spielt das Gesagte zu diesem Zeitpunkt natürlich keine Rolle, es genießt einfach die Nähe und Aufmerksamkeit von Mama und/oder Papa. Aber die Eltern legen den Grundstock für einen natürlichen Umgang mit der EZS und üben die für sie stimmigen Formulierungen.
Nichtaufklärung ist heutzutage in der Zeit von Gentests ein gefährliches Spiel. Die Liste möglicher Szenarien der ungewollten Aufklärung ist lang. Der Vertrauensbruch, der durch die zufällige, ungewollte Aufklärung über die Eizellspende entsteht, ist nur schwer bis gar nicht zu heilen. Neben der Zerrüttung des Verhältnisses zu den Eltern und den „Mitwissern“ kann es auch zu einer massiven Identitätskrise des Kindes kommen.
Wird das Kind mich als Mutter ansehen und was passiert wenn es das nicht tut?
Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass ein solcher Fall auf der Grundlage der Eizellspende aufgetreten ist. Die Erfahrung von Schwangerschaft und Geburt kann die fehlende genetische Verbindung kompensieren und eine ganz normale Mutter-Kind-Bindung herstellen. Für eine stabile Beziehung und eine unauffällige Kindesentwicklung ist es außerdem nicht entscheidend, ob die Kinder genetisch mit ihren Eltern verwandt sind. Im Kleinkind/Babyalter wird das Kind mangels Entwicklungsstufe die verwandtschaftliche Beziehung nicht hinterfragen. In der weiteren Entwicklung kann es natürlich zu Konflikten kommen.
Die Bände „Offen gesprochen“ stellen sehr gut dar, wie man altersgerecht mit Kindern über dieses Thema reden kann und ein stabile Mutter-Kind-Beziehung aufbauen kann.
Kann ich alleine ein Kind aufziehen, auch wenn ich nicht seine genetische Mutter bin? (Diese Frage richtet sich eher an alleinstehende Frauen, die mithilfe der Eizellspende schwanger werden möchten)
Wie viele andere Alleinerziehende, können selbstverstündlich auch Solo-Mütter den Alltag mit Kind/Kindern meistern. Im Falle von Adoption oder Pflegekindern besteht auch keine genetische Zugehörigkeit, dennoch wächst das Kind in der Familie auf.
Wir wissen um die speziellen Herausforderungen als Solo-Mama, wie beispielsweise die Eintragung des Vaters in die Geburtsurkunde oder den Kampf mit Behörden, bei denen (noch) kein Platz für alternative Familienmodelle zu existieren scheint. Für all diese Probleme besteht im FE-Netz die Möglichkeit des Austausches und der Reflektion.
Wie sehr wirkt sich eine Eizellspende auf die eigene psychische Gesundheit aus?
Anja:
Auch hier gibt es aus meiner Sicht keine pauschale Antwort. Wichtig ist, dass Paare/Singlefrauen diese Entscheidung bewusst treffen und diese Zusatzherausforderung, die durch eine vermeintliche biologische „Lücke“ bei Anonymität begleiten und offen damit umgehen. Dann sind aus meiner Sicht keine negativen Effekte zu erwarten.
Marion:
Für mich bedeutete die Eizellspende die einzige Chance ein Kind zu bekommen. Ich möchte jedoch nicht verschweigen, dass mich die Fehlversuche an meine psychischen Grenzen gebracht haben und ich eine Zeitlang professionelle Hilfe in Anspruch genommen habe. Inzwischen habe ich zweimal das Glück gehabt mithilfe von Eizellspende Mutter zu werden. Insofern hat sich im Nachhinein für mich und meine psychische Gesundheit alles positiv entwickelt.
Zunächst bedanken wir uns bei Anja und Marion und bei der gesamten FE-Netz e.V. für ihre Zeit und Ehrlichkeit beim beantworten dieser Fragen.
Als Klinik für Reproduktionsmedizin mit Fokus auf individueller und persönlicher Beratungen und Behandlungen ist es uns sehr wichtig, dass unsere Patienten bestmöglich informiert sind und vor Beginn einer Behandlung alle Zweifel aus dem Weg räumen konnten. Daher sind wir dankbar, dass es einen Verein wie FE-Netz gibt, an den wir noch unentschlossene und zweifelnde Frauen und Paare, die sich für eine Eizellspende interessieren, verweisen können.
Oft kann es eine große Hilfe sein, sich mit Personen auszutauschen, die den doch recht emotional schwierigen Weg bis zur Entscheidung zur Eizellspende und der darauffolgenen Behandlung mit unsicherem Ende bereits erfolgreich gegangen sind, ihre kleinen Wunder in den Händen halten und nun über ihre Erfahrung berichten können.
Über die Webseite der FE-Netz e.V. können Sie noch mehr interessante Informationen erhalten und sich mit anderen Mitgliedern austauschen.
Alles Infos zum Ablauf einer Kinderwunschbehandlung mit Eizellspende bei IVF-Life finden Sie auf unsere Webseite oder kontaktieren Sie uns direkt. Jegliche medizinische Fragen beantworten unsere Experten Ihnen auch gerne während unserer monatlichen Online-Patiententreffen.